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Marchtrenk 1900-1938. Ein kleines Dorf in schwerer Zeit


Der Eiserne Tisch, weltweit ein Unikat

Der eisernen Zeit, er sei geweiht,
den Söhnen einer besseren Zeit,
den Vätern zum Gedächtnis,
den Söhnen zum Vermächtnis


(Spruch, eingeschnitzt in den "Eisernern Tisch")

Kriegsfürsorge
1914 wurde die „offizielle Kriegsfürsorge“ gegründet. Diese war anfangs chaotisch organsiert, da mit einer längeren Kriegsdauer niemand gerechnet hatte. Die Militärverwaltung stand auch hinsichtlich der Kriegsfürsorge vor ganz neuen, früher nie geahnten Aufgaben, die es ohne Verzug zu erfüllen galt.

Mit Fortdauer des Krieges bildeten sich immer mehr Unterstützungsvereine, Witwen- und Waisenfonds, Kinderhilfswerke und dergleichen. Auch in den Städten und Dörfern entstanden regionale Hilfsvereine. Es gab Aktionen zur Sammlung von Naturalien („Liebesgaben aus der Heimat“), Geldsammel- und Rohstoffsammelaktionen, Kriegsmetallsammlungen – der viele Kirchenglocken zum Opfer fielen -, Woll-, Hadern- und Kälteschutzaktionen, und viele andere.

Der Wehrmann im Eisen, Wehrschilder
Eine neue Idee zur Geldbeschaffung wurde geboren, deren Erlös den Witwen und Waisen zu Gute kam. Das Einschlagen von Nägeln in hölzerne Figuren von Kaisern (in Wels: Kaiser Maximilian I.), Königen, Rittern und Soldaten und auch in Wehrschilder (z.B. Steyregg) wurden zu einem gesellschaftlichen Ereignis.

In Marchtrenk gab es 1915 eine Versammlung im Gasthaus Fischer. Es wurde ein Spendenaufruf erlassen in dem unter anderem steht:
…. von dem Gedanken beseelt, die denkwürdige Umgestaltung des Ortes aus einer Haidesiedlung in ein weltbekanntes Kriegsgefangenenlager für immer festzuhalten, …“.
 

In Marchtrenk fertigten Kriegsgefangene einen kunstvoll geschnitzten Holztisch an. Ein Gefangener lieferte die Planzeichnungen für die Verzierungen und ein Korporal aus Triest (Jakob Golobir) führte die Schnitzereien durch. Am Rand der Tischplatte steht: „Der eisernen Zeit, er sei geweiht, den Söhnen einer besseren Zeit, den Vätern zum Gedächtnis, den Söhnen zum Vermächtnis“.

Ein eingeschlagenes Metallplättchen - versehen mit dem Namen – kostete mindestens 10 Kronen, ein Nagel 1 Krone. Gleichzeitig wurde ein Spendenbuch angelegt, worin der Name des Spenders oder der Spenderin und die Höhe der Summe eingetragen wurden. (Band 4, Buchstaben „Sch bis Z“ fehlt leider).

In Marchtrenk dienten die Spenden ausschließlich zur Unterstützung von erwerbsunfähigen Soldaten, von Kriegswitwen und Kriegswaisen.

Es kam insgesamt eine Spende von 9.433 Kronen zusammen, die von 169 Einzelspendern, der Gemeinde Marchtrenk, von Vereinen und der Wachmannschaft des Lagers geleistet wurden. Unter den Spendern waren auch mehrere Firmen, die beim Bau des Lagers gut verdient hatten.

Die größten Spender waren:
Gemeinde Marchtrenk = 1.000 Kronen in Kriegsanleihen, Wilhelm Becker = 500 K, Ernst Becker = 400 K, I. Roithner (Kantinenwirt im Lager) = 300 K, E-Werk Wels = 300 K, L. Steineder (Zimmermeister in Linz) = 300 K, usw. Der gespendete Betrag war ein ansehnlicher, betrugen doch im Jahr 1913 die Gesamteinnahmen der Gemeinde nur 19.563 Kronen, 16 Heller.

Am 28. September stellten die Russen auf dem Kirchenplatz einen Pavillon für den „Eisernen Tisch“ auf. Bei der kirchlichen Einweihung wurden neben patriotischen Ansprachen ein von Frau Oberlehrer Ida Rainer verfasstes Festspiel „Der eiserne Nagel“ von Kindern aufgeführt. Der Pavillon wurde der Feuerwehr Marchtrenk geschenkt und von dieser an das Dragonerregiment in Enns verkauft.

Text: Reinhard Gantner, 2018
 


"Marchtrenk 1900-1938. Ein kleines Dorf in schwerer Zeit" - Dokumentation einer Ausstellung des Museumsvereins Marchtrenk - Welser Heide vom 20. bis 28. Oktober 2018 im Full Haus Marchtrenk.

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